Unser erster Tag startet um 09:30 Uhr, eine sehr gnädige Zeit für Nicht-Frühaufsteher wie uns. Bereits am Vortag haben wir uns mit Milos, unserem Betreuer und Svitac-Mitarbeiter, vor dem ersten offiziellen Termin verabredet. Wir genießen ein Frühstück mit starkem, aber gutem Kaffee und brechen zu unserem ersten Termin auf, ein Treffen mit Gordana, der Direktorin der Organisation Svitac in Brčko. Auf dem Weg sammeln wir eine weitere Freiwillige ein, die zwanzigjährige Marlen. Bereits jetzt dämmert uns, dass wir die ältesten sein werden.
Angekommen im Svitac Office, eine als Büro eingerichtete Wohnung in einem herkömmlichen Wohnblock, wird zunächst der organisatorische Teil abgehandelt. Wir unterschreiben unseren Mietvertrag für die Unterkunft und unseren „Arbeitsvertrag“. Wer glaubt Deutschland ertrinke in Bürokratie, erfährt hier, dass es noch schlimmer geht. Berge von Vertragskopien für diese und jene Behörde. Im Anschluss daran erhalten wir einen ersten Überblick über die Geschichte der Organisation und was sie sich zur Aufgabe gemacht hat. Svitac, in der lokalen Sprache übersetzt für "Glühwürmchen", ist eine multiethnische Jugendorganisation, in Brčko tätig seit 1998, gegründet von einer jungen Entwicklungshelferin aus Schottland namens Ellie Maxwell. Es geht um die spielerische und künstlerische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verschiedener Altersgruppen (sog. non-formal education). Die Organisation möchte den Kindern beibringen, in einer sozialen Gemeinschaft zusammenzuleben, Versöhnung fördern und Spaltung / Argwohn / Misstrauen aufgrund unterschiedlicher ethnischer Herkunft überwinden, die der Krieg in den Köpfen vieler Menschen – zumeist den Eltern und Großeltern dieser Kinder – hinterlassen hat.
Svitac: https://svitac.org/us/
„Wir wissen aus Erfahrung, dass die Arbeit an gemeinsamen Interessen dazu beitragen kann, eine Gemeinschaft als Ganzes zu stärken und wahrgenommene Grenzen zwischen Völkern oder mit ihrer Umwelt durch positive Kommunikation, Freundschaft, Bildung und Kunst zu überwinden.“
Es gibt künstlerische Bildungsworkshops, Sprachtrainings und gemeinschaftliche sportliche Aktivitäten. Die Freiwilligen begleiten diese Aktivitäten, führen sie selbständig durch oder entwickeln eigene. Unsere Gesprächspartnerin versorgt uns mit vielen Informationen und wir bekommen einen ersten Eindruck. Letztlich hat uns das Konzept dieses Inklusionsprojekts überzeugt, hierherzukommen. Bereits kurz nach Ankunft und den ersten Gesprächen wird uns deutlich vor Augen geführt, wie wichtig diese Arbeit ist und welch erfolgreichen Beitrag Svitac nachweislich für das gemeinschaftliche Zusammenleben in Brčko leistet.
Nachdem alle Fragen beantwortet sind, erfolgt Teil 2 des Organisationsmarathons. Jeder Ausländer, der in Brčko weilt, muss polizeilich gemeldet sein mit Passdaten, Aufenthaltsdauer und Wohnadresse. Also machen wir uns auf den Weg zur örtlichen Polizei und erhalten dort nach weiterem Papierkram eine „Bestätigung über eine vorübergehende Aufenthaltsregistrierung“. Diese muss man immer bei sich tragen, falls es zu Polizeikontrollen kommt oder man den Distrikt (temporär) verlassen möchte. Verlässt man Bosnien Herzegowina für mehr als einen Tag, muss man sich bei Wiedereinreise erneut bei der Polizei melden.
Zum Ausklang des Tages essen wir gemeinsam mit den anderen Freiwilligen und Milos eine Kleinigkeit in der Stadt. Was uns zu Beginn des Tages bereits dämmerte, wird nun Realität. Die anderen vier Freiwilligen – Meika, Marlen, Lenja und Lotte, alle aus Deutschland, sind zwischen 18 und 20 Jahre jung. Alle vier sind im Rahmen verschiedener Vereine wie z.B. Friedenskreis in Brčko, die widerum eng mit Svitac zusammenarbeiten und Freiwillige vermitteln. Ihr Freiwilligeneinsatz wird finanziert als eine Art freiwilliges soziales Jahr und sie erhalten „Taschengeld“ für die Selbstversorgung. Man hält uns für Sozialarbeiter – interessant!
Und so endet unser erster Tag in Brčko, Fazit:
Die Wahl der Organisation und deren Aufgabe war definitiv die richtige, jetzt kommt es darauf an, was wir daraus machen.
Freiwillige Ende 30 sind nicht zwangsläufig Sozialarbeiter.
In Brčko lässt es sich durchaus aushalten.
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Our first day starts at 09:30am, a gracious time for non-early birds like us. The day before we made an appointment with Milos, our supervisor and Svitac employee, before the first official meeting. We enjoy a breakfast of strong but good coffee and set off for our first appointment, a meeting with Gordana, the director of the Svitac organization in Brčko. On the way we pick up another volunteer, twenty-year-old Marlen. It is already dawning on us that we will be the oldest.
Arriving at the Svitac Office, an apartment furnished as an office in a conventional block of flats, starting off with some organizational duties. We sign our rental contract for the accommodation and our “employment contract”. Anyone who thinks Germany is drowning in bureaucracy will find things can get even worse. Tons of contract copies for this and that authority. Moving forward we receive an initial overview of the history of the organization and its goals. Svitac, which translates to "fireflies" in local language, is a multi-ethnic youth organization operating in Brčko since 1998, founded by a young Scottish development worker named Ellie Maxwell. It is about playful and artistic work with children and young people of different age groups (so-called non-formal education). The organization wants to teach children to live together in a social community, promote reconciliation and overcome divisions / suspicions / distrust due to different ethnic backgrounds that the war has left in many people's minds - mostly parents and grandparents of these children.
Svitac: https://svitac.org/us/
„We know from experience that working on shared interests can help strengthen a community as a whole, and overcome perceived boundaries between peoples or with their environment, through positive communication, friendship, education and the arts.“
Svitac offers artistic educational workshops, language training, music and sports activities. The volunteers accompany these activities, carry them out independently or develop their own. Gordana provides a lot of information and we get a first impression. Ultimately, the concept of this inclusion project convinced us to come here. Shortly after arrival, it becomes clear to us how important this work is and what a successful contribution Svitac makes to community life in Brčko.
After all questions have been answered, part 2 of the organizational marathon kicks off. Every foreigner who stays in Brčko must be registered with the police with passport data, length of stay and address. We make our way to the local police and, after more paperwork, receive a “Confirmation of Temporary Residence Registration”. You always have to carry this with you in case of police checks or if you want to (temporarily) leave the district. If you leave Bosnia Herzegovina for more than one day, you have to report to the police again upon return.
At the end of the day we have a snack in town together with the other volunteers and Milos. What dawned on us at the beginning of the day is now becoming reality. The other four volunteers - Meika, Marlen, Lenja and Lotte, all from Germany, are between 18 and 20 years young. They are part of various associations such as Friedenskreis, which work closely with Svitac and place volunteers. Their volunteering is financed as a kind of voluntary social year and they receive "pocket money" for daily life. They think we're social workers - interesting!
And so our first day in Brčko comes to an end, conclusion:
The choice of organization and its task was definitely the right one, now it depends on us.
Volunteers in their late 30s are not necessarily social workers.
We will most likely enjoy Brčko.
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