Nach einem wundervollen Wochenende in Mostar starten wir gut gelaunt in die neue Woche. Das Wetter wird langsam aber sicher schlechter und vor allem kälter. Wird einerseits Zeit, da wir uns dem Winter nähern. Andererseits hoffe ich, dass die mitgebrachten Klamotten reichen, Zwiebelprinzip geht ja immer. Was die Aktivitäten mit unseren Jüngsten angeht, befinden wir uns thematisch nach wie vor im Herbst. Wir basteln Pilze und kleine Windräder, wer lernen Buchstaben des kyrillischen Alphabets und vertreiben uns die Zeit mit allerhand Musik und lustigen Spielen. Am Dienstag treffen wir uns mit Gordana, der Direktorin von Svitac, für ein kleines Zwischenfazit und einige Fragen unsererseits. Im Verlauf der letzten Wochen ist uns klar geworden, dass wir auf irgendeine Art gerne mit Svitac verbunden bleiben wollen. Auch regt sich der Wunsch nochmal wieder zu kommen. Im Verlauf des Gesprächs erhalten wir aufschlussreiche Informationen wie diese Organisation in finanzieller Hinsicht funktioniert, wie sie an die notwendigen Mittel kommt und vor welchen Herausforderungen die Organisation steht. Außerdem bekommen wir wertvolle Tipps, wie wir die Organisation auch von Deutschland unterstützen können. Jetzt liegt es an uns, was wir daraus machen. Am Mittwoch halten wir einen deutschsprachigen Workshop für Schüler des örtlichen Gymnasiums. Vor einigen Wochen wurde im Rahmen eines Austauschs zwischen Svitac und Deutschlehrern der Wunsch geäußert, ob Julia und ich über den Fall der Berliner Mauer sprechen können – auch deshalb, weil wir selbst in der DDR geboren und (zumindest kurz) aufgewachsen sind. Eine einmalige Gelegenheit, da Freiwillige in unserem Alter ja eher die Ausnahme als die Regel sind. In 90 Minuten geben wir einen kleinen Einblick in das Leben in der DDR und erzählen aus unseren Erinnerungen und denen unserer Eltern.
Und dann neigt sich die Woche auch schon wieder dem Ende zu. Die Zeit vergeht so schnell und so langsam kommen auch die Gedanken an die Rückkehr nach Deutschland. Es sind gemischte Gefühle. Natürlich freue ich mich auf meine Familie und Freunde, gleichzeitig regen sich auch Sorgen darüber, wie es sich anfühlen wird und vor allem wie es weitergeht. Ich habe hier einen Rhythmus gefunden, der mir merklich guttut. Einerseits hat sich ein Alltag etabliert, der mir viel Freude bereitet. Die ersten Tage habe ich damit gekämpft „wenig“ Aufgaben zu haben. 6 Stunden Arbeit am Tag? Start um 10 Uhr? 1 Stunde Mittagspause? Mittlerweile lechze ich nicht nach mehr Aufgaben, sondern genieße die, die ich habe. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich reiche, dafür wertgeschätzt werde, was ich gebe und vor allem einen Beitrag für Svitac leiste, der durchaus hilfreich ist. Ich genieße den Augenblick und den neu etablierten Alltag. Und zu diesem neu etablierten Alltag gehört auch ein kleiner Roadtrip am Wochenende, um das Land weiter kennenzulernen. Dieses Wochenende lautet unser Ziel Banja Luka, die zweitgrößte Stadt des Landes und ca. zweieinhalb Stunden westlich von Brčko. Ich hatte vorher bereits von Banja Luka gehört in Verbindung mit tollen Wintersportmöglichkeiten und als Geburtsstadt von Neven Subotic, einst Fußballprofi bei Borussia Dortmund. Banja Luka ist von Bergen umgeben, mitten durch die Stadt fließt der Vrbas. Aufgrund der vielen Alleen wird Banja Luka auch „Grüne Stadt“ genannt – man sagt in der Stadt gebe es doppelt so viele Bäume wie Menschen. Außerdem ist Banja Luka der Regierungssitz der Republika Srpska, den größten Bevölkerungsanteil bilden ethnische Serben. Bei Ankunft in Banja Luka fallen uns sofort die unzähligen Baustellen auf, an jeder Ecke wird ein neues Wohnhaus hochgezogen und auch das Haus, in dem sich unser Apartment für die folgenden zwei Tage befindet, wurde erst 2021 gebaut und fertiggestellt. Randnotiz: Ein wundervoll eingerichtetes Apartment mit hohem Wohlfühlfaktor, empfehle ich gerne weiter. Die Stadt lässt sich an einem Tag lockerleicht erkunden, so dass wir am Ende des Tages alle wichtigen Sehenswürdigkeiten besucht haben. Wir starten im Stadtviertel Borik, eine Hochhaussiedlung, die auf den ersten Blick grau und trist wirkt. Auf den zweiten Blick entdeckt man riesige Kunstmalereien an den Häusern, ebenso wie bunte Graffiti, die der ganzen Gegend einen bunteren Charme verleihen. Von dort aus schlendern wir in die Innenstadt und bestaunen die berühmte Christ Erlöser Kathedrale, eine serbisch orthodoxe Kathedrale, die während des Bosnien Kriegs zerstört und danach bis 2004 originalgetreu wieder aufgebaut wurde. Nach einer Kaffeepause (das gehört mittlerweile zum Pflichtprogramm) machen wir uns auf zu einem Wahrzeichen der Stadt und des gesamten Landes. Die Ferhadija Moschee war bis zu ihrer Zerstörung im Bosnien Krieg ein prägendes Sinnbild der osmanisch-islamischen Architektur. Der Wiederaufbau dauerte bis 2014. Mitten im Stadtzentrum steht die schönste Sehenswürdigkeit Banja Lukas, das Minarett erhebt sich auf eine Höhe von mehr als 40 Metern. Leider war die Moschee bereits geschlossen, so dass wir sie nicht betreten konnten. Aber auch von außen ist dieses Wahrzeichen auf jeden Fall ein Besuch wert. Als die Sonne langsam hinter dem Horizont verschwindet, spazieren wir weiter zur Festung Kastel, eine restaurierte mittelalterliche Festung direkt am Fluss. Die gut erhaltene Burganlage bietet tolle Begehungs- und Besichtigungsmöglichkeiten. Aufgrund der Jahreszeit sind wenig Menschen unterwegs, so dass wir die Anlage fast für uns allein haben. In den Sommermonaten lohnt sich ein Besuch sicherlich mehr, da Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden. Während die Dunkelheit über die Stadt hereinbricht, treten wir den Rückweg zu unserem Apartment an und genießen den Rest des Abends bei bosnischem Fastfood auf dem Sofa. Die Meinungen über Banja Luka, die ich im Netz lese, sind eher geteilt. Meiner Meinung nach lohnt ein kurzer Abstecher in die Stadt auf jeden Fall. Allerdings gibt es an anderen Orten des Landes deutlich mehr zu sehen. Außerdem fehlte mir das Flair, so dass Banja Luka meiner Meinung nach nicht mit Mostar, Tuzla oder Sarajevo mithalten kann.
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After a wonderful weekend in Mostar we start the new week in a good mood. The weather is slowly but surely getting worse and especially colder. On the one hand, it's about time, since we are approaching winter. On the other hand I hope that the clothes we brought with us will be enough, the onion principle always works. Regarding the activities with our youngest, we are still thematically in autumn. We make mushrooms and small pinwheels, learn the letters of the Cyrillic alphabet and pass the time with all kinds of music and fun games. On Tuesday we meet with Gordana, the director of Svitac, for a little interim summary and some questions on our part. In the course of the last weeks it became clear to us that we would like to stay connected with Svitac in some way. We also have the desire to come back again. During the conversation, we receive insightful information about how this organization works financially, how it obtains the necessary funds, and what challenges the organization faces. We also get valuable tips on how we can support the organization from Germany as well. Now it is up to us. On Wednesday, we conduct a German-language workshop for students of the local high school. A few weeks ago, during an exchange between Svitac and German teachers, they asked us whether we could talk about the fall of the Berlin Wall - also because we were born and grew up (at least briefly) in the GDR. A unique opportunity, since volunteers of our age are rather the exception than the rule. In 90 minutes, we give a little insight into life in the GDR and talk about our memories and those of our parents.
Quickly the week is coming to an end. Time goes by so fast and slowly the thoughts of returning to Germany arise in our heads – with mixed feelings. Of course I'm looking forward to seeing my family and friends, but at the same time I'm worried about how it will feel and especially what’s next. I found a rhythm here that is noticeably good for me. On the one hand, a daily routine has been established that gives me a lot of pleasure. The first few days I struggled with having "few" tasks. 6 hours of work a day? Start at 10 o'clock? 1 hour lunch break? In the meantime, I don't crave for more tasks, but enjoy the ones I have. Nevertheless, I feel that I am appreciated for what I give and, most importantly, contribute to Svitac, which is quite helpful. I enjoy the moment and the newly established everyday life. And part of this newly established everyday life is also a little road trip on the weekend to get to know the country. This weekend our destination is Banja Luka, the second largest city in the country and about two and a half hours west of Brčko. I had heard of Banja Luka before in connection with great winter sports and as the birthplace of Neven Subotic, once a professional soccer player for Borussia Dortmund. Banja Luka is surrounded by mountains, the river Vrbas flows through the city. Because of the many avenues, Banja Luka is also called the "Green City" - it is said that there are twice as many trees as people. Banja Luka is also the seat of government of the Republika Srpska, with ethnic Serbs making up the largest part of the population. Upon arrival in Banja Luka, we immediately notice the countless construction sites, on every corner a new apartment building is being raised and also the house in which our apartment for the following two days is located, was only built and completed in 2021. Side note: A wonderfully furnished apartment with a high feel-good factor, I highly recommend this place. The city can be easily explored in one day. We start in the Borik district, a high-rise housing estate that looks gray and dreary at first glance. At second glance, we discover huge art paintings on the houses, as well as colorful graffiti, which give the whole area a more colorful charm. From there, we stroll into the city center and marvel at the famous Christ the Savior Cathedral, a Serbian Orthodox cathedral that was destroyed during the Bosnian War and then faithfully rebuilt until 2004. After a coffee break (which is now a must), we head to a landmark of the city and the entire country. The Ferhadija Mosque was a defining symbol of Ottoman-Islamic architecture until its destruction during the Bosnian War. The reconstruction lasted until 2014. The minaret rises to a height of more than 40 meters. Unfortunately, the mosque was already closed, so we could not enter it. But even from the outside, this landmark is definitely worth a visit. As the sun slowly disappears behind the horizon, we walk on to Kastel Fortress, a restored medieval fortress right on the river. The well-preserved castle complex offers great walking and sightseeing opportunities. Due to the time of year, there are only a few people around. During summer months, a visit is certainly more worthwhile, as concerts and other events take place. As darkness falls over the city, we make our way back to our apartment and enjoy the rest of the evening on the sofa with Bosnian fast food. The opinions about Banja Luka that I read online are rather divided. In my opinion, a short trip to the city is definitely worth it. However, there is much more to see in other places in the country. In addition, I missed the flair, so Banja Luka can not keep up with Mostar, Tuzla or Sarajevo in my opinion.
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